2011
Monday
December
19

Die "langsame Stadt" als Vorbild (D)

Dutch National Network

Auch für Eichstätt könnte dieses Konzept infrage kommen, und daher hat die Eichstätter SPD mit ihrem OB-Kandidaten Max Pfuhler am Mittwochabend zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Als Hauptreferent war David Wittner gekommen, Tourismuschef aus Nördlingen. Diese Stadt im Herzen des Ries gehört dem Netzwerk Cittaslow an.

Der Begriff „Cittaslow“ setzt sich aus dem englischen Wort für langsam und dem italienischen für Stadt zusammen. Die Bewegung hat ihren Ursprung in Italien; dort ist auch der Hauptsitz. 130 Städte in 25 Ländern gehören Cittaslow an; in Deutschland sind es zehn.

Schnell wurde klar, dass es sich dabei nicht um ein reines Tourismuskonzept handelt. Vielmehr gehe es darum, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und sie auszubauen, betonte Wittner. Die Ziele, die Cittaslow verfolgt, orientieren sich an denen der Agenda 21. „Da kann man alles reininterpretieren.“ Was durchaus ein Vorteil sein könne. Weitere Pluspunkte bestünden in einem klar definierten Konzept und einer klar definierten Zielgruppe, innerhalb derer der Begriff Cittaslow einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Die Ausrichtung sei international, und da in Deutschland nur zehn Städte dieses Prädikat führen, sei es auch ein Alleinstellungsmerkmal.

Allerdings: „Cittaslow ist kein Selbstläufer. Es besitzt Potenzial, aber man muss etwas dafür tun und die Leute müssen mitmachen.“ Außerdem sei „slow“ – langsam – nicht unbedingt positiv besetzt und der Begriff selbst einer breiten Masse unbekannt. Nördlingen habe eine Tugend daraus gemacht und voriges Jahr zu einem dreitägigen Festival eingeladen, mit Musik, Unterhaltung und einigen „Starköchen“. So konnte die Stadt viele Bürger ins Boot holen. Denn das sei ein weiterer wichtiger Aspekt: Cittaslow könne auch nach innen wirken, im Sinne von identitätsstiftend.

Der Eichstätter Tourismuschef Lars Bender fand das Konzept ebenfalls nachdenkenswert. Das Schlagwort habe er selbst vor einem Jahr ins Spiel gebracht. Vom Standpunkt des Touristikers kristallisieren sich derzeit mehrere Trends heraus: Gäste suchen zunehmend Sinnorientierung, goutieren den Gesundheits- und Präventionsgedanken und lassen sich auch vom Begriff der Nachhaltigkeit inspirieren. Bender sprach von Emotionen, die ein Urlaub befriedigen müsse. Und da könne Cittaslow durchaus eine Chance für Eichstätt bedeuten, zumal die Stadt über erhebliche Stärken in dieser Richtung verfüge.

Max Pfuhler bekannte, er habe sich vergangenes Jahr sofort gegen Cittaslow ausgesprochen, doch nachdem er das Konzept näher studiert habe, halte er es zumindest für diskussionswürdig. Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts sollte man sich damit auseinandersetzen, sagte Pfuhler. Grundbedingung für eine Realisierung sei für ihn, dass hier wirklich alle an einem Strang ziehen.

Geschäftsführender Beamter Hans Bittl wollte wissen, was eine Kommune vom Beitritt habe. Der Antragsteller werde zunächst zertifiziert, sagte Wittner, und mit einer Urkunde prämiert. Es gebe interessante Konferenzen und einen regen Austausch. „Sonst passiert nicht viel.“

Auch Beate Hueber kann Cittaslow viel abgewinnen: „Der Tourismus ist ein wichtiger Zweig. Vielleicht können wir aus dem Ausland Gäste bekommen.“ Gerhard Nieberle wies darauf hin, dass diese Bewegung für Eichstätt ein Bewusstsein schaffen könnte: „Positiv mit dem umgehen, was wir haben, nicht rumjammern, was wir nicht haben.“

Von Josef Bartenschlager

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